„Drehstromkreise wie der Herdanschluss benötigen grundsätzlich eine Allpolige Abschaltung“. Diese Aussage liest man nicht nur in Internetforen sehr häufig. Ich möchte hier darauf eingehen, wieso diese Aussage so nicht richtig ist und was die VDE dazu sag.
Allpolige Abschaltung: Diese Regelungen gibt es
Entgegen der weitverbeiteten Meinung, ist bei Drehstromkreisen keine generelle gemeinsame Abschaltung notwendig. Bis auf wenige Ausnahmen, gibt es hierzu keine generelle Forderung in der VDE. Für einen herkömlichen Drehstromkreis wie z.b. den Anschluss einer 400V CEE-Steckdose oder einen Durchlauferhitzer wären daher auch drei 1-Polige LS-Schalter zulässig. Voraussetzung ist, dass die Zuordnung zum jeweiligen Stromkreis eindeutig erkennbar ist.
Allpolige Abschaltung im Drehstromkreis
Wie bereits erwähnt ist für die meisten Drehstromkreise keine gemeinsame Abschaltung vorgeschrieben. Unter VDE 0100-520, Absatz 537.2.6 findet sich beispielsweise der Hinweis, dass „vorzugsweise eine mehrpolige Schaltvorrichtung, die alle Außenleiter der zugeordneten Versorgung trennt“ verwendet werden müssen. Weiter heißt es jedoch auch, dass „einpolige nebeneinander angeordnete Geräte nach den Bestimmungen von DIN VDE 0100-460 nicht ausgeschlossen sind“. Hieraus kann man zwar die Empfehlung ableiten, eine gemeinsame Trennvorrichtung für alle Außenleiter zu verwenden. Es bleibt jedoch die Möglichkeit, einpolige Trennvorrichtungen zu verwenden. Meine Empfehlung ist aber ganz klar, auch hier eine gemeinsame Trennvorrichtung wie einen 3-Poligen LS-Schalter zu verwenden.
Gemeinsamer Neutralleiter für mehrere Wechselstromkreise
Häufig kommt es vor, dass man aus einem Drehstromkreis mehrere einphasen-Wechselstromkreise mit gemeinsamem Neutralleiter herstellt. Ein typisches Beispiel ist ein Herdanschluss mit zwei autarken Geräten. Sowohl der Herd als auch der Backofen werden seperat an der Herdanschlussdose oder einem Power-Splitter angeschlossen. Es entstehen also aus einem Drehstromkreis neue Wechselstromkreise.
Dieser Fall ist in der VDE 0100-520, Absatz 521.8.2 geregelt:
Ein Drehstromkreis darf also in mehrere einphasen-Wechselstromkreise aufgeteilt werden. Voraussetzung ist, dass die Zuordnung erkennbar bleibt und eine gemeinsame Trennvorrichtung vorhanden ist. Diese muss nicht zwingend der vorgeschaltete LS-Schalter sein. Auch ein übergeordneter RCD wäre als Trennvorrichtung zulässig.
Leuchtengruppen / Lichtbänder
Bei größeren Beleuchtungsanlagen nicht unüblich: Ein Lichtband oder eine Leuchtengruppe wird über eine Drehstromleitung mit 3~/N/PE versorgt. In diesem Fall wird an jeder Leuchte ein Außenleiter und der Neutralleiter abgegriffen und diese gleichmäßig auf alle drei Außenleiter verteilt. Auch hier wird also der Drehstromkreis in mehrere einphasen-Wechselstromkreise mit gemeinsamem Neutralleiter aufgeteilt. Auch hier ist wieder eine gemeinsame Abschaltung notwendig.
So fordert die VDE 0100-559 unter „Leuchtengruppen“:
Auch hier steht nicht, dass dies durch die direkt übergeordnete Schutzeinrichtung wie den LS-Schalter erfolgen muss. Aus Gründen der Übersichtlichkeit, bietet es sich aber immer an hierfür 3-Polige LS-Schalter zu nutzen.
- Kiefer, Gerhard(Autor)
Allpolige Abschaltung bei Motoren
Auch für Drehstrommotoren gibt es keine generelle Forderung nach einer gemeinsamen oder allpoligen Abschaltung. Allerdings kann es hierbei je nach Anwendungsfall durchaus zu Problemen kommen. Wird ein Überlastschutz (z. B. ein Bimetall- Relais) ohne Phasenausfallschutz verwendet, kann das einpolige Trennen durchaus problematisch sein. Auch sind je nach Motor Defekte und andere Gefahren nicht ausgeschlossen. Hier sollte also immer eine Elektrofachkraft genau im Einzelfall abwiegen, welche Trennvorrichtungen zum Einsatz kommen.
Fazit: Allpolige / Gemeinsame Abschaltung
Abschließend lässt sich festhalten, dass es keine generelle Forderung gibt, Drehstromkreise mit einer gemeinsamen Trennvorrichtung zu versehen. Teilt man einen Drehstromkreis jedoch in Einphasen-Wechselstromkreise mit gemeinsamem Neutralleiter auf, ist eine gemeinsame Trennvorrichtung notwendig. Gleiches gilt bei der Aufteilung von Leuchtbändern auf mehrere Außenleiter.
Meine persönliche Empfehlung ist jedoch, wo immer es möglich ist eine gemeinsame Trennvorrichtung in Form eines mehrpoligen Leitungsschutzschalters zu verwenden. So ist immer gewährleistet, dass alle Außenleiter gemeinsam Freigeschaltet werden. Außerdem ist die Zuordnung und damit die Übersichtlichkeit damit bestmöglich gegeben.
Weitere Informationen
- Herdanschluss Absicherung: Einpolig oder Dreipolig?
- Absicherung von Lichtstromkreisen
- Herdanschluss Power Splitter / Splitter-Box / Küchenanschlussbox
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